Urteile zur Anfechtung von Schulnoten und Versetzungsentscheidungen

OVG Münster
Urteil vom 28.10.1965
Die jeweiligen Lehrerkonferenzen sind sowohl berechtigt als auch verpflichtet, die einzelnen Noten der Fachlehrer zu überprüfen und gegebenenfalls auch abzuändern. Diese Verpflichtung trifft die Lehrerkonferenz vor allem dann, wenn von der Note die Versetzung des Schülers abhängt.

OVG Koblenz
Urteil vom 28.06.1972
Wenn bei einer Klassenarbeit, die im Laufe des Schuljahres geschrieben wird, erhebliche Ordnungsverstöße, wie zum Beispiel wiederholte und nachhaltig  begangene Täuschungsversuche, vom Lehrer festgestellt, dann kann vom Lehrer die schlechteste Note (ungenügend) erteilt werden.

Bayerischer Verfassungsgerichtshof
Urteil vom 25.07.1979
Es ist mit dem Grundsatz der Chancengleichheit und der objektiven Leistungskontrolle zu vereinbaren, wenn den Schülern der Zugang zur mündlichen Prüfung versagt wird, deren Leistungsstand auf Grund der im schriftlichen oder praktischen Teil ermittelten Noten bereits feststeht, während die Möglichkeit einer mündlichen Prüfung anderen Schülern, deren Leistungsstand noch im Zweifel ist oder der bloß zu einem negativen Ergebnis neigt, noch eingeräumt wird.

VGH Mannheim
Urteil vom 23.01.1980
Es ist rechtlich unbedenklich, eine vom Schüler gar nicht erbrachte Leistung, die auf seine nicht vorhandene Leistungsbereitschaft – im konkreten Fall: unentschuldigtes Fehlen vom Unterricht – beruht, im Zeugnis genauso negativ zum Ausdruck zu bringen, wie eine auf mangelnder Leistungsfähigkeit des Schülers beruhende Leistung.

OVG Koblenz
Urteil vom 09.01.1985
Wurde die mündliche oder schriftliche Leistung eines Schülers, die von diesem nach der Zeugniskonferenz erbracht worden ist, vom Lehrer förmlich bewertet, so muss der Lehrer diese Einzelnote auch bei der Bildung der Zeugnisnote berücksichtigen.

VGH Mannheim
Beschluss vom 10.10.1991
Die Entscheidung, einen Schüler nicht zu versetzen, kann in keinem Fall mit einer verselbstständigten, von den Zeugnisnoten gänzlich unabhängigen Prognose der Lehrerkonferenz begründet werden, wonach der Schüler den Anforderungen der nächst höheren Klasse voraussichtlich nicht gewachsen sein werde.

Die Noten in dem für die Versetzungsentscheidung maßgeblichen Jahreszeugnis sind nach den Leistungen des Schülers im ganzen Schuljahr und nicht nur nach den Noten im zweiten Schulhalbjahr zu bilden.

VGH Kassel
Urteil vom 13.12.1991
Bei dem Plan für die Prüfungen über die mündliche Abiturprüfung muss auch der Name des jeweiligen Fachausschussvorsitzenden angegeben werden.
Das Ergebnis der Prüfung hängt sowohl vom Verhalten des einzelnen Prüfers als auch von der Leistung des Schülers ab. Ein Verfahrensfehler bei der Prüfung, der sich im konkreten Fall auf das Leistungsvermögen des Schülers negativ ausgewirkt haben kann, führt zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung.

VGH Kassel
Urteil vom 04.02.1993
Bei der Gewichtung einzelner Teile einer Prüfung, der Einschätzung einzelner Leistungen und der Festlegung der Gesamtnote steht den Lehrern ein Beurteilungsspielraum zu. Es dürfen dabei nicht objektive Gesichtspunkte oder Maßstäbe verkannt werden.

OVG Sachsen
Urteil vom 20.05.1998
Die Entscheidung einer Schule über das Nichtbestehen des Abiturs ist im konkreten Fall rechtswidrig, da die Schule die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten hat. Die Ermittlung, Beurteilung und Bewertung von Leistungen einzelner Schüler in der Oberstufe liegt grundsätzlich in der pädagogischen Verantwortung des Lehrers und lässt diesem bei seiner Bewertung auch einen gerichtlich nicht nachprüfbaren Spielraum. Die gerichtliche Kontrolle von Leistungsbewertungen durch einen Lehrer erstreckt sich aber darauf, ob der Lehrer das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt hat, er von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, der Lehrer keine sachfremden Erwägungen zugrunde gelegt hat und die Bewertung nicht gegen das Willkürverbot verstößt.

VGH München
Beschluss vom 06.12.2004
Aus dem allgemeinen Prüfungsrecht folgt ebenso wenig wie aus der Gymnasialordnung folgt ein Anspruch des Schülers auf Beibehaltung eines bestimmten, ihm bekannt gegebenen Lehrers als Prüfer.

VGH Mannheim
Urteil vom 16.05.2006
Man kann dann nicht mehr von einer ungenügenden Leistung ausgehen, wenn der Schülker in einer mündlichen Abiturprüfung mehrere Fragen zumindest im wesentlichen richtig beantworten konnte.

Für die Grenzziehung zwischen einer „mangelhaften“ und einer „ungenügenden“ Leistung müssen die Lehrer von einem absolut zutreffend ermittelten und keinerlei Zweifel offen lassenden Prüfungsgeschehen ausgehen.

OVG Münster
Beschluss vom 18.06.2008
Auch bei so genannten gebundenen Verwaltungsentscheidungen ist immer zu überprüfen, ob die beabsichtigte  Rechtsfolge mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang zu bringen ist.

Fehlt ein Schüler schuldhaft in der mündlichen Prüfung für das vierte Abiturfach ist daher zu prüfen, ob die zwingend vorgeschriebene Bewertung der versäumten mündlichen Prüfung wie eine ungenügende Leistung den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls gerecht wird.

OVG Bremen
Beschluss vom 22.04.2009
Bei einem Schüler, der bei einer Prüfung den Erwartungshorizont der Prüfer deutlich unterschreitet, bedeutet es grundsätzlich keinen Mangel, wenn dem Schüler dieser Sachverhalt während der Prüfung nicht signalisiert wird. Es ist zulässig. wenn das Protokoll der mündlichen Prüfung zunächst nur stichwortartig und mit Abkürzungen erstellt wird um dann später in die Form eines allgemein verständlichen Textes gebracht zu werden.

OVG Bremen
Beschluss vom 24.06.2009
Geben die Lehrer als Prüfer in einem einstweiligen Anordnungsverfahren deutlich zu erkennen, dass sie zu einem auch nur Überdenken ihrer Bewertung der in einer Prüfung erbrachten Leistungen generell nicht bereit sind, kann es zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Prüflings geboten sein, eine Wiederholung der Prüfung anzuordnen.

VGH München
Beschluss vom 04.11.2009
Der Notenschnitt und die Notenverteilung innerhalb einer Klasse sind auch Indizien für die Klarheit und Eindeutigkeit einer Aufgabenstellung sowie für einen der Klassenstufe angemessenen Schwierigkeitsgrad der Aufgabe. Im Unterricht ist der von Lehrern stets zu beachtende Rahmen zulässiger kritischer Kommentierung von Schülerleistungen nach Formulierung und Intensität wesentlich weiter als in einem konkreten Prüfungsgespräch.

VG Braunschweig
Beschluss vom 10.08.2010
Die Lehrkräfte sind bei der Vergabe von Zeugnisnoten nicht strikt an die sich aus den mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebende rechnerische Gesamtnote gebunden. Sie haben bei der Notenvergabe in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbewertung vorzunehmen, die die Beobachtungen im Unterricht sowie die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtigt.

Bei der Notenbildung dürfen die Lehrerinnen und Lehrer auch bestehende Lücken im fachspezifischen Grundwissen negativ berücksichtigen, die die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigen können. Außerdem darf in die Notenbildung einfließen, dass einige der zuletzt erbrachten Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine Lernentwicklung mit negativer Tendenz erkennen lassen. Auf dieser Grundlage kann die Lehrkraft auch dazu berechtigt sein, die Endnote bei rechnerischen Durchschnittsnoten zwischen "ausreichend" und "mangelhaft" für ein Versetzungszeugnis auf "mangelhaft" festzusetzen.

Die Entscheidung der Klassenkonferenz, den nicht versetzten Schüler nicht zur Nachprüfung zuzulassen, ist vom Verwaltungsgericht nur eingeschränkt überprüfbar.