Welche Strafe kann den Jugendlichen erwarten?

Bei der Frage der Ahndung durch das Gericht spielen - neben dem persönlichen Eindruck, den der Jugendrichter vom Jugendlichen gewonnen hat - folgende Faktoren eine Rolle:

Positiv zu berücksichtigen sind zum Beispiel ein Geständnis des Angeklagten, Einsicht, Reue, Schadenswiedergutmachung oder eine (ernsthafte) Entschuldigung beim Verletzten.

Negativ fallen etwaig vorhandene Einträge im Erziehungsregister ins Gewicht (weil der Jugendliche schon mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten war), das Ausmaß eines Schadens, der angerichtet wurde oder die Schwere von Verletzungen beim Opfer.

Berücksichtigen kann das Gericht auch erzieherische Maßnahmen, die seitens der Erziehungsberechtigten bereits getroffen wurden - insofern ist es empfehlenswert, wenn der Erziehungsberechtigte sein Anwesenheitsrecht auch wahrnimmt und in der Verhandlung entsprechend Auskunft geben kann.

Entscheidend ist dann die Beurteilung des Jugendrichters, welche Maßnahmen aus seiner Sicht erforderlich sind, um auf den Jugendlichen erzieherisch einzuwirken.

Verurteilen kann er den Jugendlichen dann zu „Erziehungsmaßregeln“, „Zuchtmitteln“ und Jugendstrafe (auf Bewährung) – vgl. hierzu Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe – Strafe für Jugendliche.

Eine Besonderheit ist im Zusammenhang mit der Jugendstrafe, die bei sogenannten schädlichen Neigungen verhängt werden muss, die Vorschrift des § 27 JGG (Jugendgerichtsgesetz) :

Zunächst: was sind „schädliche Neigungen“?

Schädliche Neigungen sind nach der Rechtsprechung erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie können in der Regel nur bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat, wenn auch verborgen, angelegt waren und noch zum Urteilszeitpunkt bestehen.

Ist aufgrund der Hauptverhandlung nicht mit Sicherheit festzustellen, ob bei dem Jugendlichen „schädliche Neigungen“ vorliegen, kann der Jugendrichter zunächst die Schuld feststellen (also welches konkrete Strafgesetz vom Jugendlichen verletzt wurde).

Die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe setzt er aber für eine bestimmte Bewährungszeit aus.

Für den jugendlichen Angeklagten ist ein solches Urteil schwer zu verstehen, da er einerseits konkret verurteilt wird (Beispiel: „Der Angeklagte ist schuldig eines Diebstahls“ oder „einer vorsätzlichen Körperverletzung“), dann aber die konkrete Ahndung in der Schwebe bleibt.

Der Jugendliche wird im Fall des Schuldspruchs gemäß § 27 JGG für die angeordnete Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt.

Dieser soll ihn in einer Weise erzieherisch positiv beeinflussen, dass Jugendstrafe überflüssig wird.

Stellt sich vor allem durch schlechte Führung des Jugendlichen während der Bewährungszeit heraus, dass die Tat (wegen derer er verurteilt wurde) auf schädliche Neigungen zurückzuführen ist, die eine Jugendstrafe erfordern, so kann der Jugendrichter dann eine konkrete Jugendstrafe (auch zur Bewährung) aussprechen.

Der Schuldspruch gemäß § 27 JGG erscheint übrigens gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 BZRG (Bundeszentralregistergesetz) nicht im sogenannten polizeilichen Führungszeugnis (das man nicht mit dem Erziehungsregister verwechseln darf – vergleiche hierzu Das Bundeszentralregister – Wie lange bleibt eine Jugendstrafe in den Akten?).

Wenn nach Ablauf der Bewährungszeit der Jugendrichter keine schädlichen Neigungen beim Jugendlichen feststellt, wird der Schuldspruch im Erziehungsregister getilgt.