Die Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei

Die Polizei wird bei Vorliegen eines konkreten Tatverdachts gegen den Jugendlichen diesen insbesondere auch als Beschuldigten vernehmen (wenn der Jugendliche sich bereits bei der Polizei befindet) bzw. als Beschuldigten zur Vernehmung vorladen.

Von diesem Vernehmungstermin ist der Erziehungsberechtigte zu informieren, da er bei der Beschuldigtenvernehmung ein Anwesenheitsrecht hat.

Im Gegensatz zu einer Ladung zur staatsanwaltschaftlichen bzw. richterlichen Vernehmung ist der (jugendliche) Beschuldigte nicht verpflichtet, einer polizeilichen Ladung Folge zu leisten. Der Polizei stehen im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft und zum Gericht auch keine Zwangsmittel zur Verfügung, eine polizeiliche Ladung zu erzwingen.

Zur Beschuldigtenvernehmung im Einzelnen: Zu Beginn ist der Jugendliche (wie alle Beschuldigten) zunächst gemäß §§ 163 a IV, 136 StPO (Strafprozessordnung) in einer seinem Entwicklungsstand angemessenen Weise zu belehren:

Ihm ist zu erklären, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und nach welchen Strafvorschriften sein Verhalten strafbar sein soll; daneben ist er darauf hinzuweisen, dass er das Recht hat, die Aussage zu verweigern und einen Verteidiger seiner Wahl zu befragen.

Weiter ist ihm gemäß § 137 StPO der Kontakt zu einem Verteidiger zu ermöglichen (insb. telefonisch), wenn der Jugendliche dies will. Eine Fortsetzung der Vernehmung ohne Verteidiger wäre solange unzulässig.

Zur Erklärung:

Es gibt neben dem oben erwähnten Pflichtverteidiger, der in bestimmten Fällen gemäß § 140 StPO dem Jugendlichen vom Staat an die Seite gestellt werden muss, auch den sogenannten Wahlverteidiger: diesen beauftragt der Jugendliche (oder seine Erziehungsberechtigten) selbst, um von ihm in dem Strafverfahren beraten und unterstützt zu werden. Im Gegensatz zum Pflichtverteidiger kann ein Wahlverteidiger immer beauftragt werden, seine Einschaltung ist also allein die Entscheidung des Jugendlichen oder seiner Erziehungsberechtigten.

Unterbleibt seitens der Polizei die Belehrung über das Aussageverweigerungsrecht bzw. das Recht zur Verteidigerkonsultation, dann dürfen Angaben des Jugendlichen, die er im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gemacht hat, später nicht verwertet werden, es sei denn, er hätte sein Recht, die Aussage zu verweigern gekannt bzw. würde der Verwertung später zustimmen.

Man spricht im Fall einer unterbliebenen Belehrung dann von einem Beweisverwertungsverbot, das die Staatsanwaltschaft bzw. das Jugendgericht beachten müssen.

Hatte der Jugendliche in der Vergangenheit allerdings schon öfters Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden gehabt und war bereits als Beschuldigter belehrt worden, dann wäre ein Verstoß gegen das Belehrungsgebot möglicherweise unbeachtlich, weil der Jugendliche sein Schweigerecht dann kannte.

Der Jugendliche muss sich nach erfolgter Belehrung – eventuell gemeinsam mit seinem/n Erziehungsberechtigten – entscheiden, ob er Angaben zum vorgeworfenen Geschehen machen möchte oder nicht.

Im deutschen Strafrecht gilt hierbei der Grundsatz, dass ein (komplettes) Schweigen des Beschuldigten nicht zu seinem Nachteil verwertet werden darf.

Weiter müssen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht nicht nur den Beschuldigten belastende Umstände, sondern auch entlastende Umstände von Amts wegen ermitteln und berücksichtigen.

Ein Geständnis des Jugendlichen spielt nicht nur im Fall eines späteren Jugendgerichtsverfahrens bei der Ahndung eine Rolle, sondern bereits vorher, wenn die Staatsanwaltschaft prüft, wie sie weiter gegen den Jugendlichen verfahren möchte.

An diese gibt die Polizei das Verfahren ab, wenn aus ihrer Sicht die erforderlichen Ermittlungen (insbesondere Einvernahme von Zeugen) vorgenommen wurden.