Gefährdung des Kindeswohls – Was tun bei häuslicher Gewalt?

Die Zusammenstellung von Daten aus der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts Wiesbaden weist für das Jahr 2010 wiederum Tausende von Straftaten aus, denen Kinder und Jugendliche zum Opfer gefallen sind. Angefangen bei der einfachen Körperverletzung bis hin zum massiven sexuellen Missbrauch von Kindern verbergen sich hinter dieser Statistik für die betroffenen Kinder zum Teil grauenhafte Schicksale.

Für betroffene Kinder und Jugendliche ist es oftmals unmöglich, mit der Situation umzugehen, kommen doch die Täter nicht selten aus dem engsten Familien- oder Bekanntenkreis.

Dessen ungeachtet sollen nachfolgende rechtliche Hinweise einem betroffenen Kind die Möglichkeiten aufzeigen, die der Gesetzgeber für Fälle von häuslicher Gewalt anbietet.

Strafrecht

Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 223 StGB (Strafgesetzbuch) beschreibt den Tatbestand der Körperverletzung klar und deutlich.

Es ist jedermann, und insbesondere auch den Eltern, untersagt, Ihre Kinder durch Ohrfeigen oder sonstige körperliche Einwirkung zu traktieren. Wer sich an dieses ziemlich simple Gebot nicht hält, macht sich schlicht und ergreifend strafbar.

Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass der vorstehend zitierte § 223 StGB nur die Grundnorm der im Strafgesetzbuch vorhandenen Paragrafen für Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit ist. Wer die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht, eigene Kinder quält oder roh misshandelt, durch die Körperverletzung eine dauerhafte erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung bei dem Kind verursacht oder ein Kind sexuell missbraucht, auf den warten wesentlich höhere Strafen.

Eine Körperverletzung kann bei jeder Polizeidienststelle oder auch bei jeder Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht werden. Größere Polizeidienststellen haben eigene Jugendbeamte, die speziell für die Entgegennahme von Strafanzeigen durch Kinder geschult sind.

Nach Eingang einer Anzeige ermitteln die Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Polizei) den Sachverhalt und bringen ihn zur Anklage. Je nach Schwere der Straftat erhält der Täter einen Strafbefehl oder es kommt zu einer Verhandlung vor dem Strafgericht mit nachfolgender Verurteilung.

Gewaltschutzgesetz

Hat sich ein Kind dazu durchgerungen, gegen möglicherweise engste Bezugspersonen Strafanzeige zu erstatten, dann hat das Kind ein ureigenes Interesse daran, nicht weiter mit dem Peiniger konfrontiert zu werden. Das notwendige Instrumentarium für eine räumliche Trennung von Opfer und Täter bietet seit dem Jahr 2001 das Gewaltschutzgesetz.

Danach kann ein Gericht auf Antrag des von häuslicher Gewalt betroffenen Kindes anordnen, dass es der Täter unterlässt,

  1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
  2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
  3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
  4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen, oder
  5. ein Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen.

Verstößt der Täter gegen diese gerichtliche Anordnung, dann ist auch dieser Verstoß wiederum mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe belegt.

Ein Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz kommt nur auf Antrag in Gang. Ein betroffenes Kind kann sich für entsprechende Hilfestellung hier an das örtlich zuständige Jugendamt wenden.

Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen durch das Jugendamt

Wenn keine vertrauenswürdige erwachsene Person einem betroffenen Kind im Ernstfall Unterstützung leisten kann, dann ist das örtlich zuständige Jugendamt auch die Anlaufstelle für erste Hilfe.

Nach § 42 SGB VIII (Sozialgesetzbuch 8. Teil) ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in Obhut zu nehmen, wenn das Kind oder der Jugendliche darum bittet oder eine dringende Gefahr für das Kindeswohl besteht. Das Kind oder der Jugendliche kann dann vom Jugendamt bei einer geeigneten Person (z.B. erwachsene Geschwister) oder in einer anderen geeigneten Wohnform untergebracht werden.

Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

Schließlich kann sich ein betroffenes Kind auch vom Gericht weitere Unterstützung erwarten.

Gemäß § 1666 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat das Familiengericht geeignete Maßnahmen zu treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden.

Die vom Gericht anzuordnenden Maßnahmen sind flexibel ausgestaltet. Im Falle einer gegen das Kind begangenen Straftat steht aber jedenfalls die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge im Raum.