Das polizeiliche Ermittlungsverfahren gegen einen jugendlichen Straftäter

Begeht ein Jugendlicher, also jemand, der das 14. Lebensjahr vollendet hat (und noch nicht das 18. Lebensjahr) und damit strafmündig geworden ist, eine Straftat, die aufgedeckt wird, werden grundsätzlich als erstes Polizeibeamte tätig werden.
Dies werden in der Regel besonders ausgebildete Jugendsachbearbeiter der Polizei sein.

Auf der einen Seite sind dann die gesetzlichen Vertreter bzw. Erziehungsberechtigten zu ermitteln und zu informieren, damit der Jugendliche in deren Obhut übergeben werden kann.

Auf der anderen Seite hat die Polizei die Aufgabe, die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Jugendlichen zu ermitteln.

Jugendliche sind gemäß § 3 JGG (Jugendgerichtsgesetz) strafrechtlich dann verantwortlich, wenn sie zur Zeit der Tat nach ihrer „sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.“ (so lautet die gesetzliche Definition in § 3 JGG). In der Praxis liegt diese Reife in der Regel vor.

Wird die Polizei tätig, so stehen ihr grundsätzlich alle Möglichkeiten zur Verfügung, die die StPO (Strafprozessordnung) auch gegenüber Erwachsenen vorsieht; allerdings muss sie die Besonderheiten des JGG beachten.

Wenn zum Beispiel ein Jugendlicher einer Straftat verdächtig ist, also etwa auf „frischer Tat“ angetroffen wird, dann erlaubt § 163 b StPO der Polizei den Jugendlichen anzuhalten, ihn nach seinen Personalien zu befragen und die Herausgabe der Ausweispapiere zu verlangen. Lässt sich auf diese Weise die Identität nicht feststellen, hat die Polizei weiter das Recht, den Jugendlichen festzuhalten, ihn und mitgeführte Sachen zu durchsuchen und ihn zur polizeilichen Dienststelle mitzunehmen.

In Fällen schwerwiegender Straftaten ist auch bei Jugendlichen der Erlass eines Haftbefehls insb. gemäß §§ 112 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StPO (Fluchtgefahr) oder Nr. 3 StPO (Verdunkelungsgefahr) denkbar:

Fluchtgefahr läge zum Beispiel dann vor, wenn der Jugendliche eine erhebliche Jugendstrafe zu erwarten hätte und seine sozialen Bindungen schwach wären (mit sozialen Bindungen umschreibt man die Frage, wie fest der Jugendliche in seinem Umfeld verwurzelt ist, wie sich also zum Beispiel die familiäre und schulische Situation darstellt).

Ein weiterer Haftgrund kann auch sein, dass der Jugendliche Beweismittel verschwinden lassen könnte oder Zeugen beeinflusst (man spricht dann von Verdunkelungsgefahr).

Bevor ein Jugendlicher aber tatsächlich in Untersuchungshaft genommen wird, ist gemäß § 72 JGG (Jugendgerichtsgesetz) zu prüfen, ob nicht mildere Maßnahmen möglich sind – etwa die einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe.

Gemäß § 72 a JGG ist die Jugendgerichtshilfe von einem Haftbefehl zu informieren, wenn dieser vollstreckt wird, daneben wäre dem Jugendlichen weiter gemäß §§ 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO, § 68 JGG (vom Ermittlungsrichter) ein sogenannter Pflichtverteidiger zu bestellen (dieser Strafverteidiger heißt deshalb Pflichtverteidiger, weil der Staat die Pflicht hat, ihn zur Beratung und Unterstützung dem Beschuldigten an die Seite zu stellen).