Urteile zu Ordnungsmaßnahmen durch die Schule

BVerwG
Urteil vom 10.12.1954
Die Verweisung eines Schülers von der Schule kann vom Verwaltungsgericht dahingehend überprüft werden, ob die betreffende Schule bei ihrer Entscheidung von dem ihr zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht hat, insbesondere, ob es vorliegend einen  Ermessensmissbrauch durch die Schule gegeben hat. Von einem Ermessensfehlgebrauch ist immer dann auszugehen, wenn von der Schule im Rahmen der Entscheidung der stets zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des ausgewählten Mittels ignoriert wurde.

VG München
Urteil vom 06.05.1968
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, dass von der Schule erst dann eine Entlassung eines Schülers ausgesprochen wird, wenn sich im konkret vorliegenden Fall die Androhung der Entlassung bei dem betroffenen Schüler als nicht wirksam erwiesen hat. Nur bei äußerst schweren Verfehlungen des einzelnen Schülers kann eine sofortige Entlassung gerechtfertigt sein, ohne dass diese Entlassung vorher angedroht wurde.

VGH Kassel
Urteil vom 26.02.1970
Wer seine Mitschüler gegen eine ordentlich gewählte Schülermitvertretung aufhetzt und eine gänzliche Neuordnung der Schule nicht mittels einem demokratischen Rechtsstaat angemessenen und vor allem legalen Mitteln, sondern auf umstürzlerische Art zu erreichen versucht, verstößt mit einer solchen Vorgehensweise gegen die einschlägige Schulordnung und kann im Ergebnis zu Recht von der Schule verwiesen werden.

VGH Mannheim
Urteil vom 20.08.1971
Ein Schüler, der selber nicht nur gelegentlich Marihuana raucht, sondern seinen Mitschülern auch noch Marihuana verschafft und diese zum Konsum dieses Rauschgifts anhält, gefährdet hiermit nicht nur die Erziehung, sondern auch die sittliche Entwicklung und die Gesundheit der Mitschüler.

Der betreffende Schüler kann vom weiteren Besuch seiner Schule auf Dauer ausgeschlossen werden, insbesondere wenn bei ihm andere Ordnungsmaßnahmen bereits erfolglos geblieben sind.

OVG Lüneburg
Urteil vom 19.12.1972
Ein von der Klassenkonferenz ausgesprochener schriftlicher Verweis an einen Schüler greift als schulrechtliche Disziplinarmaßnahme in die Rechtssphäre des Schülers ein, sofern von der Schule nicht der lediglich erzieherische Charakter der Missbilligung unmissverständlich hervorgehoben wird.

Die Schule hat allerdings bei der Verhängung von Schulstrafen und eines Verweises immer das Übermaßverbot zu berücksichtigen.

VG Saarlouis
Beschluss vom 20.07.1978
Der bestehende Grundsatz, wonach ein Schüler lediglich dann von der Schule ausgeschlossen werden darf, wenn dem Ausschluss vorab eine entsprechende Androhung des Ausschlusses vorangegangen ist, gilt ausdrücklich dann nicht, wenn im konkreten Fall das tadelnswerte Verhalten des Schülers so erheblich war, dass der Schule ein abgestuftes Vorgehen nicht zugemutet werden kann. Ein Fall der Unzumutbarkeit liegt beispielsweise vor, wenn, wie im vorliegenden Fall, die zum Ausschluss führende Verfehlung des Schülers darin besteht, dass er am Schluss des Schuljahres das Notenbuch seines Fachlehrers vernichtet hat.

VG Düsseldorf
Urteil vom 24.02.1984
Es ist  nicht zulässig, einem 15-jährigen Gymnasiasten, der auf eindeutige Anweisung seiner Eltern dem Schulunterricht drei Tage lang fern bleibt um mit diesen eine Reise zu unternehmen, einen Verweis zu erteilen. Ein Verweis ist nur dann rechtmäßig, wenn der Schüler selber den zum Verweis führenden Zustand in ihm zurechenbarer Weise herbeigeführt hat.

OVG Koblenz
Beschluss vom 07.05.1996
Eine 17-jährige Schülerin auf einem Gymnasium, die auf dem Gelände der Schule mit Drogen gehandelt hat, kann zulässigerweise und auf Dauer von der Schule ausgeschlossen werden.

VG Mainz
Beschluss vom 06.04.1998
Greift ein Schüler wiederholt seine Lehrer oder seine Mitschüler tätlich und gewaltsam an, so rechtfertigt dies den Ausschluss des Schülers vom Besuch seiner Schule.

OVG Münster
Beschluß vom 21.07.1998
Ordnungsmaßnahmen gegen einen Schüler können durch die Schule auch bei pflichtverletzenden Fehlverhalten eines Schülers verhängt werden, wenn das Fehlverhalten außerhalb des Schulgeländes stattgefunden hat, wie zum Beispiel ein gewaltsamer Übergriff des Schülers auf einen Mitschüler an einer nicht zum Schulgelände gehörenden Bushaltestelle.

VG Aachen
Urteil vom 18.01.1999
Ob eine von der Schule verhängte erzieherische Maßnahme erfolgreich war, beurteilt sich auch danach, inwieweit das Ziel – den Schüler zur Einsicht in sein Fehlverhalten zu bewegen – erreicht wurde. Zur Beurteilung dieser Frage kann das außerschulische Verhalten des Schülers lediglich dann einbezogen werden, wenn das Fehlverhalten des Schülers auf den schulischen Bereich Auswirkungen hat.

VG Berlin
Urteil vom 18.07.2005
Alleine das laute Anhören von Musik (hier: Aggro Berlin) auf einer Klassenfahrt rechtfertigt nicht die Erteilung eines schriftlichen Verweises, selbst wenn der Lehrer die Musik für sexistisch und rassistisch hält und die fraglichen Titel zeitlich später auf den Index für jugendgefährdende Medien gesetzt werden.

VG Trier
Urteil vom 25.09.2008
Bei einem schriftlichen Verweis durch den Schulleiter handelt es sich um einen mit der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht anfechtbaren Verwaltungsakt.

Ein schriftlicher Tadel eines Lehrers stellt dahingegen lediglich eine erzieherische Maßnahme und gerade keine förmliche Ordnungsmaßnahme dar. Ein bloßer Tadel ist somit kein mit der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht angreifbarer Verwaltungsakt.

VGH München
Urteil vom 10.03.2010
Wenn ein Schüler auf einem in seiner Schule häufig genutzten Internetportal während der Ferienzeit ein Forum und dort einen thread mit dem Titel („wer mag bitteschön Herrn **********??”) eröffnet, provoziert damit Kommentare zur Persönlichkeit und zum Unterrichtsverhalten der namentlich bezeichneten Lehrkraft aus der Sicht von Schülern.

Mit der Gestaltung des Forums und den gewählten Formulierungen hat der Schüler die Erfüllung des schulischen Bildungsauftrags konkret gefährdet, weil damit eine Ursache für mögliche persönliche Spannungen und Konflikte zwischen Schulangehörigen gesetzt wurde.

Der Schüler hat mit seinem Handeln die spezifische Gefahr begründet, den betreffenden Lehrer anonymen Beleidigungen und Beschimpfungen von Mitschülern auszusetzen und so die für den Schulunterricht unabdingbare Vertrauensbasis zu zerstören.

Die Erteilung eines verschärften Verweises ist in diesem Fall rechtmäßig.