Es besteht hinreichender Tatverdacht gegen den jugendlichen Straftäter - Der Jugendstaatsanwalt stellt das Verfahren trotzdem ein

Ist der Jugendstaatsanwalt von einem hinreichenden Tatverdacht überzeugt, bietet das JGG (Jugendgerichtsgesetz) die Möglichkeit, dass das Verfahren vom Staatsanwalt eingestellt wird.

Der Staatsanwalt kann gemäß § 45 Abs. 1 JGG ohne weitere Maßnahmen gegen den Jugendlichen zu verhängen, das Verfahren ohne Zustimmung des Richters einstellen.

§ 45 Abs. 1 JGG nimmt insoweit Bezug auf § 153 StPO (Strafprozessordnung), der eine Einstellung bei Erwachsenen ebenfalls ohne Auflage zulässt, „wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht“.

Bei der Vorschrift des § 45 Abs. 1 JGG handelt es sich also aus Sicht des Jugendlichen um die ihn am wenigsten belastende Maßnahme.

§ 45 Abs. 1 JGG kommt bei einer Vielzahl von Straftaten in Betracht, in der Praxis sind aber die Voraussetzungen der Anwendung des § 45 Abs. 1 JGG sehr uneinheitlich. Das führt mitunter gerade für Jugendliche zu schwer nachvollziehbaren Resultaten. Haben sie zum Beispiel gemeinsam eine Straftat begangen, wohnen aber im Zuständigkeitsbereich verschiedener Staatsanwaltschaften, dann kann es vorkommen, dass gegen den einen Jugendlichen gemäß § 45 Abs. 1 JGG ohne weiteres eingestellt wird, gegen den anderen aber nicht.

Diese unterschiedliche Anwendungspraxis beruht darauf, dass bei den einzelnen Staatsanwaltschaften auf Vorgesetztenebene für die Anwendung des § 45 Abs. 1 JGG unterschiedliche Vorgaben gemacht werden, die – nachdem die Staatsanwälte weisungsgebunden sind – von ihnen zu beachten sind.

So verlangen manche Staatsanwaltschaften ein Geständnis des Jugendlichen für eine Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 JGG. Auch kann es sein, dass ein Jugendlicher von der Regelung des § 45 Abs. 1 JGG bei einer Behörde nur einmal „profitieren“ kann, bei einer anderen dagegen mehrmals.

Auch variieren die Grenzen bei einzelnen Delikten mitunter: so gilt bei der einen Staatsanwaltschaft als Obergrenze etwa für den Wert des Diebesgutes ein Betrag von 50,- €, bei der anderen ein Betrag von 100,- €. Je nach Wohnsitz muss also bei einer gemeinsamen Diebestour der eine Jugendliche dann zum Beispiel soziale Dienste im Rahmen des „Diversionsverfahrens“ (dazu sogleich) ableisten, der andere kommt mit einer Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 JGG davon.

Wird das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 JGG eingestellt, so wird dies gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG (Bundeszentralregistergesetz) in das Erziehungsregister eingetragen.